Auswirkungen großräumiger Grundwasserförderung messen und verstehen – Projekt Topsoil – AquaModul

Der Dachverband Feldberegnung Uelzen (DFU) und die Landwirtschaftskammer (Bezirksstelle Uelzen) erhalten EU-Fördermittel für die Entwicklung eines neuartigen Monitoringsystems zur praktikablen Erfassung der Auswirkungen von Grundwasserentnahmen für Feldberegnung. Anders als bei der weitgehend gleichmäßigen Grundwasserförderung zur Trinkwasserversorgung, sind die Entnahmen für Feldberegnung bezüglich der Zeiträume und Mengen von Jahr zu Jahr oft stark schwankend und deren – häufig verzögerten – Auswirkungen schwierig zu bewerten.

Fotos: Beregnungsmaschine/Röbbelbach (Landwirtschaftskammer Niedersachsen F. Dräger, R. Behrens)

Die verschiedenen wasserführenden Schichten (Grundwasserleiter) im Untergrund sind sehr wechselhaft in ihrer Mächtigkeit und Durchlässigkeit, was die Bewertung erschwert. Im geförderten Projekt „Topsoil – AquaModul“ wird ein nummerisches Grundwasserströmungsmodell mit einem neuartigen 3-fach-Messverfahren (Tripel-Monitoring) kombiniert. Dabei werden die Abflussänderungen in einem sensiblen Fließgewässerabschnitt sowie die Wasserstandsänderungen im oberen und unteren Grundwasserleiter des nahen Gewässerumfeldes gemessen.

Mitglieder des DFU sind nicht nur alle Beregnungslandwirte im Landkreis Uelzen, sondern auch die wesentlichen Trink- und Brauchwasserförderer. Während ein vorhandenes hydrogeologisches Modell bereits seit einigen Jahren im Auftrag des DFU in seiner Aussagegenauigkeit verbessert wird, wurde mit dem „Tripel-Monitoring“ Neuland betreten. Bisher lagen nur vereinzelte Erfahrungen mit der Technik vor, mit der die im besonderen Interesse stehenden Abflussmengen bzw. Abflussgeschwindigkeiten in kleinen Fließgewässern und Gewässeroberläufen zuverlässig und zugleich im Dauerbetrieb erfasst werden können.

Abflussmessungen in Echtzeit
Die nun eingesetzten sogenannten ADCP-Abflussmesssonden (Acoustic Doppler Current Profiler) können geringste Abflussmengen ab 8 cm Wasserstand über der Gewässersohle messen und aufzeichnen. Gemeinsam mit den Unteren Wasserbehörden und den zuständigen Fachbehörden wurden drei „Pilotgebiete“ ausgewählt, in denen einerseits umfangreiche Beregnungswasserentnahmen stattfinden, niedrige Grundwasserflussabstände und geringmächtige Deckschichten (Grundwasserhemmer) über den Grundwasserleitern vorherrschen und auch naturschutzfachlich bedeutsame Grundwasser abhängige Ökosysteme bestehen. Im Fokus stehen dabei nicht die Auswirkungen einzelner Brunnen, sondern die Effekte der Gesamtheit der Entnahmen aus den Brunnen (Summenwirkung).

Fotos: Messsonde/Messstelle (Dachverband Feldberegnung Uelzen, Consulaqua Hildesheim)

Beispielhaft wurden anhand dieser Kriterien an den Oberläufen der Bäche Esterau, Wipperau und Röbbelbach im Frühjahr 2018 jeweils das Dreifach-Monitoring (also je 2 Grundwasser Messbrunnen sowie eine ADCP-Sonde in der Bachsohle) eingerichtet und seitdem kontinuierlich Messungen durchgeführt und per Datenlogger aufgezeichnet. Das Eichen der ADCP-Sonden durch das beteiligte hydrogeologische Fachbüro stellte sich als sehr anspruchsvoll heraus. Ebenso erfolgten anfängliche Rückschläge hinsichtlich der Sonden, verursacht durch Sandüberdeckung, Hochwassertreibsel und auch Vandalismus.

Die jeweiligen drei Messkurven (Abfluss, oberer Grundwasserstand, unterer Grundwasserstand) und die örtlichen Niederschlagsaufzeichnungen werden nun in Beziehung gesetzt. Aus den Auswertungen der Kurvenverläufe und wie sie miteinander korrespondieren, können Erkenntnisse über den rein grundwasserbürtigen (sogenannten Basis- bzw. Trockenwetterabfluss) und über die hydraulische Verbindung des Fließgewässerabschnitts zu den verschiedenen Grundwasserleitern abgeleitet werden. Tatsächlich zeigen sich für die drei Pilot-Bachabschnitte jeweils verschiedene Abhängigkeiten zwischen Bachabschnitten und Grundwasserleitern und damit auch verschiedene Empfindlichkeiten gegenüber der Grundwasserförderung, die im Raum Uelzen überwiegend nicht aus dem oberflächennahen Grundwasserleitern erfolgt.

Abbildungen: Messstellenaufbau/Messergebnisse (Dachverband Feldberegnung Uelzen / Consulaqua Hildesheim)

Monitoring
Wenn die Ergebnisse bzw. das Tripel-Messverfahren aus Topsoil-AquaModul von den zuständigen Behörden als belastbar eingestuft werden, können im nächsten Schritt repräsentative Mess- bzw. Monitoringstandorte ausgewählt werden. Basis dafür ist das oben genannte numerische Strömungsmodell, kombiniert mit vorhandenen digitalen naturschutzfachlichen Kartierungen der Grundwasserabhängigen schützenswerten Landökosysteme für das gesamte DFU-Gebiet und für den benachbarten Dachverband Feldberegnung Lüneburg (DFL). Durch die Beschränkung auf klar definierte repräsentative Messstellen wird sichergestellt, dass aussagekräftige Messungen erfolgen. Ziel ist den Umfang der Daten auf ein handhabbares Maß zu beschränken und zugleich die Monitoringkosten für die Beregnungsverbände gering zu halten.

Im Grundwassermengenerlass des niedersächsischen Umweltministeriums sind für jeden sogenannten Grundwasserkörper und für jeden Landkreis das sogenannte „Nutzbare Grundwasserdargebot“ und die jeweils gegenüber den bereits vergebenen Wasserrechten verbleibende „Nutzbare Dargebotsreserve“ festgelegt. Hierfür wird ausschließlich die typische Menge der jährlichen Grundwasserneubildung einschließlich eines Trockenwetterabschlags berücksichtigt. Der eigentliche Grundwasservorrat bleibt unberücksichtigt. Das nutzbare Dargebot wird von den zuständigen Unteren Wasserbehörden unter Berücksichtigung öffentlicher Belange und privater Nutzungsinteressen bewirtschaftet.

Pufferkapazität des Grundwasserspeichers
Die Jahre 2017 bis 2019 machten in der Praxis deutlich, dass der Zustand grundwasserabhängiger Biotope sowohl von Grundwasserförderung und noch entscheidender von der Wiederauffüllung des Grundwasserkörpers bzw. von deren Zusammenwirken abhängt. Die Grundwasserneubildung erfolgt dabei im Wesentlichen aus Niederschlägen außerhalb der Vegetationsperiode. Die massiven Beregnungswasserentnahmen im Jahr 2018 folgten auf einen nassen Hebst/Winter und somit auf einen großen Grundwasservorrat aus 2017. Der Grundwasserkörper konnte potentielle Beeinträchtigungen der abhängigen Ökosysteme dadurch puffern. Im Gegensatz dazu stehen den diesjährigen Grundwasserentnahmen nur geringe Grundwasserneubildungsmengen aus dem relativ trockenen Winter 2019/2020 gegenüber. Die Pufferkapazität des Grundwasserkörpers ist deutlich verringert.

Im Gebiet von DFU und DFL sind die sensiblen Flächenanteile vergleichsweise gering. Denn in Teilgebieten mit hohem Grundwasserflurabstand (d.h.: fehlender Grundwasseranschluss von Forst, Natur und Landwirtschaft), mit artesischen Bedingungen oder mit sogenannten „schwebenden Grundwasserleitern“ (d.h.: kleinräumig begrenzte oberflächennahe Grundwasservorkommen, in denen i.d.R. keine Wasserförderung erfolgt) bleiben die Entnahmen schadlos. Hier ist ein Monitoring nicht erforderlich. Das mit Topsoil-AquaModul verfolgte repräsentative Monitoringkonzept für sensible Teilbereiche trägt dazu bei, das Reaktionsverhalten bzw. die Trägheit des Grundwassersystems und seiner Teilräume besser zu verstehen. Um den aufgrund des Klimawandels wachsenden Beregnungswasserbedarfen zu begegnen, können möglicherweise auf dieser Basis mittelfristig zusätzliche naturverträgliche Entnahmemengen unter Berücksichtigung von vorjährigen Wetterbedingungen und Beregnungsgeschehen beschrieben werden.

Verfasser: Elisabeth Schulz (LWK-Bst Uelzen), Jörg Martens (Dachverband Feldberegnung Uelzen) 28.04.2020